So oder so ähnlich fangen viele Besuche von Langhaarhundebesitzern beim Hundefriseur an.
Auf die Frage, warum denn alles ab solle, hört man oft die Antwort: „Der leidet so unter seinem langen Fell“, „der schwitzt im Sommer so!“ , "es wird ja jetzt wärmer" oder – meine persönliche „Lieblingsantwort“ „Der ist beim Radfahren immer so schlapp, wenn der so warm angezogen ist.“
Es hat seinen Sinn...
Was all diese Menschen dabei aber nicht bedenken: Mutter Natur hat sich bei der ganzen Sache schon was gedacht. Also, zumindest bei den ersten Wildhunden und Wölfen. Die heutigen Rassen haben häufig natürlich nicht mehr viel mit diesen Ursprüngen zu tun.
Der Hund – auch wenn er nicht mehr in dem Sinne arbeitet wie früher – braucht sein Fell. Es ist sein Schutz, sowohl vor Nässe, Schmutz und Kälte, wie auch vor Hitze und Sonne. Dass das Fell im Winter schützt ist uns wohl allen klar: Im Deckhaar sammelt sich der gröbste Schmutz, es sorgt dafür dass unser Vierbeiner im Wasser nicht „durchweicht“ und die dichte Unterwolle vieler Rassen sorgt unter anderem dafür, dass die Körperwärme nicht verloren geht.
Im Sommer braucht der Hund diesen „Kälteschutz“ nicht: Er verliert seine Unterwolle. Manchmal sogar in solchen Massen, dass wir einen zweiten Wuff daraus basteln könnten. Die Unterwolle ist weg, also kann die Luft durch das Deckhaar zirkulieren und kühlt so unsere Fellnase. Gleichzeitig werden gefährliche Sonnenstrahlen abgehalten, sodass unser Liebling keinen Sonnenbrand bekommt. Quasi eine pelzige Sonnencreme – oder wie die Haare auf unserem Kopf.
Der arme Jim...
Stellen wir uns nun also vor, wir nehmen unserem Hund (sagen wir mal er ist ein Flat Coated Retriever und heißt Jim) diesen natürlich Schutz weg. Frauchen bringt Jim zum Friseur und Jim bekommt „einmal alles ab!“ – Unterwolle futsch, Deckhaar futsch, 3 mm stehen geblieben. Erst mal wird Jim sich vor seinen Flat-Freunden wohl ziemlich seltsam vorkommen: so ganz ohne typische Befederung sieht er gar nicht mehr aus wie ein Flat Coated Retriever. Und dann wird Jim feststellen müssen, dass schwimmen – wofür er u.a. gemacht wurde – ganz schön kalt und nass ist, wenn einen der Pelz nicht mehr schützt. Vielleicht friert er danach ja auch ganz furchtbar, weil er bis auf die Haut pitschenass ist. In der Sonne ist das mit dem kurzen Fell vielleicht ganz praktisch – immerhin ist ihm beim Mittagsspaziergang nicht mehr so warm. Aber die Sonne brennt ganz schön – und weil unser Jim kein Deckhaar mehr hat, das ihn vor Sonneneinstrahlung schützen kann, bekommt er einen Sonnenbrand. Dabei veröden die Kapillaren, die Haarwurzeln sterben ab und es kann kein neues Haarkleid nachwachsen. Selbst wenn unser Jim Glück hat und keinen Sonnenbrand bekommt, wächst seine Unterwolle viel schneller nach als das Deckhaar. Unser Jim ist nun furchtbar plüschig und weich – aber leider nicht mehr wasser- oder wetterfest, denn die Unterwolle allein bietet nicht den Schutz, den Deckhaar und Unterwolle in Kombination bieten können. Und bis das Deckhaar nachgewachsen ist, können Jahre vergehen. Also lassen wir Jim doch einfach seinen prachtvollen Pelz!
Aber was können wir tun, wenn es wärmer wird – und wann macht scheren Sinn?
Es gibt einige Mittel und Wege unseren Lieblingen im Sommer Kühlung zu verschaffen. Zunächst können wir Mutter Natur ein bisschen auf die Sprünge helfen und unseren Liebling von seiner Unterwolle befreien. Das geht am besten mit einer Bürste / Kamm und einem Föhn um die losen Haare gleich weg zu pusten. (Achtung: Maximal lauwarm föhnen, NIEMALS heiß!)
Ist die Unterwolle verschwunden, wird es unserem Hund gleich viel besser gehen. Das Deckhaar danach ein wenig (!) kürzen oder in Form bringen zu lassen ist natürlich kein Problem. Bei einigen Terrierrassen, Schnauzern und Rauhaardackeln wird nicht die Unterwolle ausgezupft, sondern das Deckhaar, da diese Rassen selber keinen natürlichen Haarwechsel haben!
Ein Trimming kann hier helfen. Eine Schur macht nur bei einigen wenigen Rassen mit sehr schnell wachsendem Haar wie z.B. dem Pudel Sinn. Fragen Sie einfach Ihren Züchter oder der Groomer ihres Vertrauens – er wird Ihnen bestimmt weiterhelfen können!
Natürlich können wir unseren vierbeinigen Gefährten auch fernab des Haarkleides Gutes tun: Spaziergänge auf die frühen Morgen- oder späten Abendstunden verlegen, Gassigehen im schattigen Wald oder am Wasser und auch Kühlmatten sind bei vielen Hunden beliebt. Kleinere Hunde und Welpen freuen sich oft über gefrorene Wasserflaschen zum Spielen und „Kuscheln“.
Und wenn unser Vierbeiner einfach mal den ganzen Tag auf den kühlen Fliesen verbringt und nur kurze Pipipausen hat, wird ihn das nicht umbringen!
Bis Bald,
Kaddie (die hofft, nächstes Jahr weniger „Unterfellmonster“ zu treffen) & Mila (die nur gebürstet wird und den Plüschpopo gestutzt bekommt.)