Vorurteile im Zusammenleben von Mensch und Hund

Vorurteile im Zusammenleben von Mensch und Hund

Ich denke, wir alle hatten schon einmal das Glück einen Begriff, eine Wortgruppe oder einen Satz zu verwenden, woraufhin unser Gegenüber uns ganz empört angeschaut und uns in eine ganz bestimmte Kategorie von Hundehaltern oder Trainern gesteckt hat. Da gibt es die Wattebauschwerfer, die Ablehnenden, die Skeptischen und auch die „Ganzharten“.

Ich wollte herausfinden was von vielen Hundehaltern und Trainern als negativ angesehen wird und habe eine kleine Umfrage gestartet. Manche Antworten waren vorauszusehen und andere waren vollkommen überraschend. Im Folgenden präsentiere ich euch die Ergebnisse und sage euch was ich davon halte und wie manche Begriffe richtig definiert werden können.

Vielleicht bleibt so vielen von uns ein empörter Blick des Gegenübers erspart und so auch das typische Schubladendenken unserer Gesellschaft.

Teil 1

Strafe

Viele bringen mit Strafe Gewalt, Aggression und Schläge in Verbindung. Eine Strafe ist eine Konsequenz auf ein Fehlverhalten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass dem Bestraften bewusst ist wofür er bestraft wird und dort ist das entscheidende Problem bei unseren Vierbeinern. Damit diese ihr Fehlverhalten mit der Strafe verknüpfen muss die Strafe innerhalb von maximal 2 Sekunden nach dem Fehlverhalten erfolgen. Noch dazu kommt das die Härte der Strafe angemessen zur Höhe des Fehlverhaltens sein muss um eine entsprechend gewünschte Wirkung zu erbringen. Um das zu erreichen benötigt man ein gutes Gefühl dafür.
Strafe ist demzufolge nichts Verwerfliches, aber die Voraussetzungen müssen stimmen und daher sollte es besser unterlassen oder von einem Profi durchgeführt werden.

Rudelführer, Leitwolf, Alphatier

Die wohl vorurteilsbehafteten Begriffe sind Rudelführer, Leitwolf und Alphatier, obwohl das für Hunde und ihre Vorfahren das normalste auf der Welt darstellt. Im Wolfsrudel übernimmt ein Pärchen die Führung des Rudels und trifft Entscheidungen, die das Überleben der gesamten Gruppe das sichert. Auch bei Hunden gibt es immer einen der die gesamte Gruppe anführt, wenn dies der Mensch nicht übernimmt. Der Rudelführer beschützt und versorgt die Gruppe und leitet sie in der Welt an. Besonders in einer Welt die ganz anders als die Welt unserer Hunde ist müssen wir ihnen „sagen“ und zeigen was richtig ist und was nicht. Der Begriff Alphawolf ist natürlich schon etwas sehr veraltet, aber Leitwolf und Rudelführer bezeichnen nur die wichtigste und verantwortungsvollste Position im Rudel.

Rangordnung

Die Rangordnung beschreibt welchen Stand Lebewesen in ihrer Gruppe innehaben. Diese entscheidet sich nicht durch Stärke und Aggressivität sondern durch Überlegenheit im Sinne von Wissen, Erfahrung und Souveränität. Eine richtige Rangordnung gibt es meist nur bei zusammenlebenden Hunden und auch da kann sich diese mit der Situation ändern. Es übernimmt immer der Hund, der in der entsprechenden Situation die beste Auffassungsgabe, Souveränität und das nötige Wissen hat. In den meisten Fällen sollte dies der Mensch sein, damit der Hund keine eigenständigen Entscheidungen treffen muss und es dadurch vielleicht zu Problemen im Alltag kommt. Welcher Hund welche Position hat erkennt man daran wer welche Rechte einfordern und wer welche Rechte einräumen muss. Der Höherrangige kann sich Plätze, Futter, Spielzeug usw. einfordern ohne den Widerspruch anderer. Aber nicht weil er es sich „erkämpft“ und die anderen Hunde Angst haben, so wie die Meinungen früher waren, sondern weil die Anderen ihm vertrauen und er sich die Pflicht des Beschützens und Versorgens aufgebürdet hat.

Unterwerfung

Bei der Unterwerfung wird zwischen aktiver und passiver Unterwerfung unterschieden. Die aktive Unterwerfung sieht man vor allem bei Welpen ganz gut. Sie machen sich klein, wedeln mit ihrer Rutenspitze und lecken dem adulten Hund die Schnauze. Das Schnauze lecken ist zwar bevorzugt dazu da um den erwachsenen Hund zum vorwürgen von Futter zu veranlassen, aber wird auch oft zur Beschwichtigung und damit zur aktiven Unterwerfung genutzt. Daher kann man Unterwerfung auch mit Beschwichtigung gleichsetzen, da bei beiden das Ziel der Konfliktbeilegung ganz oben steht. Bei der passiven Unterwerfung legt der Hund sich auf den Rücken und zeigt seinen nackten ungeschützten Bauch. Die Hunde lassen in diesem Moment meist voneinander ab. Wir Menschen sollten versuchen sollte Situationen zu vermeiden, da der Weg zur erlernten Hilflosigkeit des Hundes dann nicht mehr allzu weit ist.
Unterwerfung stellt in der Welt unserer Hunde einen Teil ihrer Kommunikation dar. Vor allem die aktive Unterwerfung begegnet uns im Alltag mit den Hunden ziemlich oft in Form von Beschwichtigungssignalen z. B.das Rute wedeln, wenn wir schlechte Laune haben.

Dominanz

Dominanz beschreibt nur das Verhältnis zweier Individuen zueinander. Es gibt nicht den dominanten Hund. Ein Hund der bei einem anderen Hund dominant auftritt kann bei wieder einem anderen Hund unterwürfig sein. Dadurch das es Hunde gibt die zu 99 % immer die dominante Position haben werden sie als dominant bezeichnet. Dasselbe gilt für unterwürfige Hunde. Wenn diese zu 99 % die unterwürfige Position haben werden sie auch allgemein als unterwürfig bezeichnet. Wichtig ist das diese dominanten Hunde auch damit zurechtkommen, wenn sie mal nicht die dominante Rolle innehaben. Wer Dominanz ausstrahlt, hängt davon ab wie der Hund sich durchsetzen kann. Das bezieht sich nicht auf Aggressivität oder Stärke sondern auf Überlegenheit wozu Souveränität, Erfahrung und Ressourcenverfügung zählt.

Disziplin

Disziplin wird oft mit striktem ausführen von Befehlen gleichgesetzt und das der Hund wie eine Maschine funktionieren soll. Doch der Begriff verkörpert nur das Einhalten von Regeln und mit Konsequenz in der Hundeerziehung. Unsere Hunde benötigen Regeln, um zu wissen wo sie stehen, sich entspannen zu können, um sich auf den Menschen verlassen zu können und um sich sicher zu fühlen. Regeln stellen wie bei einem Bild einen Rahmen dar, indem sich ein Hund wie ein Künstler frei und vor allem sicher entfalten kann. Ein Hund der sich an Regeln hält, kann sehr viele Freiheiten genießen z. B. Freilauf, Spielen mit Artgenossen oder seine Familie überall hin mitzubegleiten.

Aggression

Aggression ist nichts anders als normales alltägliches Verhalten und das selbst bei uns Menschen. Wir schimpfen wegen eines zu langsamen Fahrers vor uns, wir sind nicht gerade erfreut wenn uns die Suppenschüssel runter fällt und die neuen Schuhe erstmal in die Maschine dürfen und wir lassen es auch nicht einfach zu, dass uns in der Bar jemand den Cocktail wegnimmt und selber trinkt. Das alles ist Aggression und somit Kommunikation! Natürlich zeigen wir nicht gleich unsere Zähne, aber auch wir bauen uns auf und werden laut. Dasselbe passiert auch bei Hunden, nur bei ihnen sieht so etwas immer bedrohlicher aus als es im Endeffekt ist. Ein aggressiver Hund sagt nur, dass ihm etwas nichts passt und sie haben keine Arme wie wir und nutzen dafür ihre Zähne. Dann gibt es noch die Problematik der übertriebenen Aggressivität. In dem Fall hat der Hund einfach nur gelernt, wenn ich richtig loslege verschwindet mein Problem von selbst. Leider haben diese Hunde meist mehr Erfolg, als es eigentlich gut ist. Denn jeder egal ob Hund oder Mensch hält dann Abstand oder geht freiwillig. Demnach gibt es nur 2 Möglichkeiten wie wir damit umgehen können, wir verstehen Aggression endlich als normale Kommunikation und nehmen den übertrieben aggressiven Hunden den Erfolg und zeigen ihnen wie es besser geht.

2 weitere Teile folgen demnächst....

Wir bedanken uns für diesen tollen Beitrag bei H24 - Hundeschule für Zwei- und Vierbeiner.